Unsere Feuerwehr sollte eigentlich ein Kind der Stadt Traunreut sein. Das konnte sie aber nicht werden. In diesem Fall wäre das Kind etwas älter als die Mutter. Denn die Gemeinde Traunreut als Rechtsnachfolger der Muna St. Georgen innerhalb der Gemeinde Stein wurde erst am 1. Oktober 1950 aus der Taufe gehoben, die Freiwillige Feuerwehr aber bereits am 28. November 1949. Sie trug damals den Namen Freiwillige Feuerwehr Muna - St. Georgen.
Die amerikanischen Besatzer zogen bis zum 1.8.1948 aus der Muna ab, der Zaun fiel, der Weg für eine kommunale Entwicklung und für eine Industrialisierung war frei. Aus dem anfangs wohl noch bescheidenen Anwachsen der Wohnstätten und Arbeitsplätze ergab sich die Notwendigkeit, für diese Anlagen einen Feuerschutz aufzubauen.
Im November 1949 wurden in einer Bürgerversammlung alle 18- bis 60-jährigen Männer der Muna aufgefordert, am 28. November 1949 an der Gründungsversammlung für eine Freiwillige Feuerwehr teilzunehmen. Dieser Forderung kamen damals 40 Männer nach.
Die neu gegründete Wehr hatte sich mit einer Tragkraftspritze TS8/8 auf einem Anhänger und einer Löschgruppenausrüstung ohne Schutzkleidung zu begnügen, die ihr von der "Verwaltung Staatliches Sondervermögen, ehem. Heeres-Muna St. Georgen" zur Verfügung gestellt worden war. Als Gerätehaus diente ein original Feuerlöschschuppen aus der Munazeit mit Saugschacht in der heutigen Siemensstraße. Die ersten Übungen und Einsätze fanden in "Räuberzivil", das waren umgefärbte, ausgemusterte US-Uniformen, statt. Die Schläuche wurden zum Trocknen über das Dach des Schuppens gehängt. Später spendete der damalige katholische Pfarrer Dr. Kellner den ausgedienten, hölzernen Behelfsglockenturm, der zu den Gottesdiensträumen in der früheren Kantine im Holzbarackenlager gehörte und den die Wehrmänner zur Verwendung als Schlauchtrockenturm umbauten.
Bis in die Sechzigerjahre waren noch die uralten Hanfschläuche gleichzeitig mit den neuen Kunstfaserschläuchen in Gebrauch. Die unterschiedliche Materialpflege war entsprechend aufwendig. Die alte Tragkraftspritze wurde gehegt und gepflegt und befindet sich heute als Ausstellungsstück im neuen Gerätehaus.
Der Geräteschuppen von 1949 erwies sich als minimale Behelfslösung. Die Gemeinde Traunreut hatte inzwischen mit kommunalen Gebäuden aufgeholt. Ab 1956 war mit der Beschaffung von Atemschutzgeräten begonnen worden. Im Winter 1957 konnte die Feuerwehr in das Gebäude des Bauhofs einziehen. Der zweifellos größte Höhepunkt seit Bestehen der Wehr war die feierliche Übergabe des ersten Löschfahrzeugs am 15. Februar 1958, einem LF 8 auf einem Opel Blitz. Dadurch wurde sie eigentlich erst zu einer richtigen Feuerwehr.
Nun konnte sich die Freiwillige Feuerwehr Traunreut etwas freier entwickeln. Immer mehr Männer aus Traunreut waren bereit, sich für den Feuerschutz zu engagieren und für die weiteren Aufgaben der Feuerwehr ihre Freizeit zu opfern. Denn inzwischen wurde immer klarer, daß die reine Brandbekämpfung nur noch ein Teilbereich der Feuerwehraufgaben aus heutiger Sicht war. Immer öfter waren Einsätze zur technischen Hilfeleistung oder zur Lebensrettung mit besonderen Gerätschaften notwendig geworden.
Ein weiterer Höhepunkt war die Fahnenweihe am 18. Juli 1965. Nach vorangegangener Schauübung, Totenehrung und Auftakt im Festzelt am Samstag, den 17. Juli, kamen dann am Sonntag 103 Vereine und 10 Musikkapellen, sowie zahlreiche Ehrengäste, um dem Kirchenzug und der Weihe der Fahne, ausgeführt durch Stadtpfarrer Msgr. Dr. Dr. Stöttner, einen festlichen Rahmen zu geben.
In den folgenden zwei Jahren waren viele Mühen notwendig gewesen, um das Ziel Einzug in das eigene Feuerwehrhauses am 21. Oktober 1966 zu erreichen. Die inzwischen zur Stadt Traunreut aufgestiegene Gemeinde blätterte immerhin 450.000 DM hin, trotz der altbekannt angespannten Finanzlage, wenn auch mit einem nur geringen Zuschuss des Freistaates Bayern.
Immer wieder wurden Überlegungen laut, ob nicht vielleicht eine Pflicht- oder Berufsfeuerwehr die gestellten Aufgaben besser erfüllen könnte. Kostenrechnungen führten alle Überlegungen immer wieder zur Freiwilligkeit zurück.
Laufend wurden neue Fahrzeuge, Geräte und persönliche Ausrüstung angeschafft, um die Schlagkraft der Wehr den ständig steigenden Anforderungen anzupassen.
Eine strukturelle Änderung gab es 1976 mit der Einführung der Funkwecker-Alarmierung. Der so genannte stille Alarm löste weitgehend die Sirenenalarmierung ab. Die dadurch notwendigen technischen Änderungen, wie z.B. der Aufbau einer Funkzentrale, wurde fast ausschließlich im Eigenbau erstellt.
Der systematische Ausbau, die Technisierung stützten die Einsatzmöglichkeiten der Traunreuter Wehr und ihre wachsenden Aufgaben im örtlichen wie im überörtlichen
Bereich. Denn zur selbstverständlichen nachbarlichen Löschhilfe kamen die speziellen Aufgaben als Stützpunktfeuerwehr für die Nachbargemeinden hinzu.
Ferner wurde die Wehr im Bereich der technischen Hilfeleistungen (THL) eingebaut in die Öl-Alarm-Pläne der Pipeline Triest-Ingolstadt: im Raum Wasserburg, in die Abzweigung nach Burghausen zur damaligen Firma Marathon, für die Raffinerie selbst und auch in den Alarmplan für den Chiemsee.
Diese Steigerungen der Anforderungen schlugen sich deutlich in den Arbeitsstunden pro Mann nieder.
Die technische Entwicklung der Wehr erforderte eine sachbezogene Ausbildung aller Wehrmänner, und zwar in technischer Hinsicht sowie für den Bereich der Führung. Zu diesem Zweck wurde die Feuerwehrschule Regensburg regelmäßig beschickt:
- Lehrgänge in Technischer Hilfeleistung (THL), in Ölschadensbekämpfung (ÖS), in Atemschutz (At), in Funksachbearbeitung, in Strahlenschutz;
- Lehrgänge für Truppmänner, für Gruppenführer, für Zugführer, für Kommandanten;
Seit 1987 werden die Ausbildung für Atemschutz, für Funksachbearbeiter und für die Truppmannausbildung auf Landkreisebene in Trostberg, Waging und Traunreut angeboten, was die Staatliche Feuerwehrschule entlasten soll.
Es würde zu weit führen, Brandeinsätze und technische Hilfeleistungen im einzelnen aufzuführen. Die Protokollbücher der Feuerwehr sind voll davon. Allgemein gesprochen zögert der Traunreut Bürger nicht, die Feuerwehr als "Mädchen für alles" zu Hilfe zu rufen. Erst seit der Einführung einer Gebührensatzung durch die Stadt entsprechend der Gemeindeordnung konnten Auswüchse eingedämmt werden.
Für manch einen hat etwas erst dann einen Wert, wenn es einen Preis hat, den er zahlen muss.
So sicher wie das Amen in der Kirche kam der Termin des 50-jährigen Gründungsjubiläums. Bereits zu Beginn des Jahres 1998 wurde ein Festkommité gegründet, das sich um alles kümmerte. Wie es in Bayern der Brauch ist, musste eine befreundete Feuerwehr darum gebeten werden, den Festpaten für uns zu machen. Vom Patenbitten 1998 in Trostberg haben die Vorstände noch heute zerschundene Knie, weil sie Scheitelknien mussten und dabei einige unvergessliche Trostberger Delikatessen zum Verzehr angeboten bekamen.
Bis zum Festtermin am 13.6.1999 wurden noch zahlreiche Vereine eingeladen, eine Festschrift gedruckt und - am wichtigsten - eine neue Vereinsfahne angefertigt. Damit konnte der 13. Juni festlich begangen werden. Eine Videokassette über die Geschichte der Traunreuter Feuerwehr reicht bis zu diesem Tag.
Beim Bericht über die Planung des neuen Feuerwehrhauses muss noch einmal fast 20 Jahre zurückgegriffen werden.
Mit den wachsenden Aufgaben der Stützpunktfeuerwehr Traunreut war im Gleichschritt der Fahrzeugpark größer geworden. Zuletzt waren die Fahrzeuge und Gerätschaften der FF Traunreut auf drei Gebäude verteilt.
Erste Planungen zu Anfang der 80er Jahre gingen von einem Standort am Westende der Stadt aus, heutiges Einkaufszentrum und von einem Kostenumfang unter 3 Mio DM. Nach 8 Entscheidungsvorlagen für den Stadtrat mit steigenden Kostenvoranschlägen bis 14 Mio DM wurde die Planung wegen des Einknickens der Gewerbesteuern eingefroren.
Ende der 90er Jahre war dann endlich genug Geld im Haushaltssäckl und die Finanzierung inklusive der Zuschüsse wargesichert. Nun bekam der Stadtbaumeister freie Hand, und er zauberte das Feuerwehrhaus aufs Papier, wie es am 13.10.2001 eingeweiht wurde. Durch die Unterkellerung war unter anderem auch genug Platz, eine Atemschutz-übungsanlage zu planen. Aus diesen Planungen und mit Kontakt zur damaligen Firma Symtron, wurde daraus zuerst eine "heiße Tür" und dann eine Brandsimulationsanlage. Mit enormen Kraftanstrengungen und politischer Unterstützung ist es dann gelungen, eine so genannte Zielraumversion, als einzigartige stationäre Anlage in Süddeutschland einzubauen, die im März 2002 in Betrieb ging.
Sie wird seither von Feuerwehren aus dem Landkreis Traunstein, aus ganz Deutschland, Österreich und auch aus Ungarn genutzt. Es entstehen hierbei wertvolle Kontakte, die uns als Provinzfeuerwehr in der Ausbildung und Kameradschaft zu anderen Feuerwehren sehr positive Erfahrungen sammeln lässt. Wer hätte vorher gedacht, dass es einen Austausch mit der FF und BF München gibt, oder gar der BF Budapest?