Waginger Str 2, 83301 Traunreut 24 Stunden 365 Tage im Jahr für Sie im Einsatz

Mehr als 300 Einsätze durch Orkan „Emma“

Lkr. Traunstein. Das Sturmtief „Emma“, das am Samstag mit starkem Wind und Orkanböen von bis zu 120 Kilometer über den Chiemgau und Rupertiwinkel fegte, hatte für die Feuerwehren, aber auch für den Rettungsdienst im Landkreis Traunstein einen Großeinsatz zu Folge. Mehrere Personen wurden leicht verletzt, als Bäume auf Fahrzeuge fielen oder von herumwirbelnden Gebäudeteilen getroffen wurden. Zu schweren Verletzungen kam es nach Erkenntnis der Feuerwehren nicht. Alle Personen kamen mit leichten Verletzungen davon. Insgesamt wurden die Feuerwehren im Landkreis zu rund 300 Einsätzen gerufen. Nach Schätzungen der Feuerwehren entstanden im Landkreis Traunstein durch den Sturm Schäden von mehreren Hunderttausend Euro.

In Grassau stürzte am Beginn des Nagler Irler ein Baum auf ein Fahrzeug, das auf der Staatsstraße 2096 in Richtung Grabenstätt fahren wollte. Die drei Insassen kamen mit dem Schrecken davon. Die Feuerwehr brachte die Pkw-Insassen in Sicherheit. Auch in Neudorf bei Traunreut stürzte ein Baum auf ein Auto. Eine Person wurde dabei verletzt. Sie konnte von der Feuerwehr Stein aus dem Fahrzeug befreit werden.

Mehr als die Hälfte der 80 Feuerwehren im Landkreis musste am Samstag ausrücken, um hauptsächlich umgestürzte und entwurzelte Bäume von Straßen und Wegen zu räumen und abgedeckte oder vom Sturm beschädigte Dächer zu sichern. Der Orkan riss aber auch Verkehrszeichen und Bauzäune aus der Verankerung, Strommasten wurden geknickt und Leitungen abgetrennt und Schalterkästen von umgestürzten Bäumen zerstört. Hunderte Plakattafeln wurden vom Sturm aus der Befestigung gerissen und durch die Luft geschleudert. Vielerorts war der Werbewahlkampf der Parteien und Gruppierungen, die sich um kommunalpolitische Mandate bewerben, damit beendet.

Sattelzug im Straßengraben
Der Einsatzmarathon der Feuerwehren begann am Samstag gegen 9.30 Uhr mit einem Lkw-Unfall auf der Bundesstraße 304. Auf der Fahrt von Rabenden in Richtung Altenmarkt wurde ein Sattelzug von heftigen Windböen erfasst und nach rechts von der Fahrbahn gedrückt. Im Straßengraben kam das Zuggespann in bedrohlicher Schräglage zu stehen. Die Feuerwehr Rabenden sicherte die Unfallstelle ab und half bei der Bergung durch zwei Spezialkräne. Während der aufwendigen Aktion musste die Bundesstraße für rund drei Stunden komplett gesperrt werden. Der Lkw-Fahrer blieb unverletzt. Am Fahrzeug entstand ein Sachschaden von rund 30.000 Euro.

Ab 9.30 Uhr wurden die Feuerwehren im Fünf-Minuten-Takt zu den Einsätzen aufgrund von Sturmschäden gerufen. Von Schnaitsee im Nordwesten bis nach Petting im Südosten waren die Feuerwehren stundenlang und fast pausenlos im Einsatz um auf verschiedenste Weise technische Hilfen zu leisten und Gefahren durch herabstürzende Gebäudeteile zu verhindern. Die Feuerwehr Traunreut hatte zum Beispiel rund 25 Einsätze zu bewältigen; die Floriansjünger in Kammer und Siegsdorf mussten jeweils rund 15 Mal ausrücken. Diese hohe Einsatzquote zog sich durch den gesamten Landkreis.

Bevorzugtes Arbeitsgerät der Floriansjünger waren Motorsägen. Unzählige umgestürzte Bäume mussten zerschnitten und von Fahrbahnen geräumt werden, um sie für den Verkehr wieder frei zu machen. Vielerorts mussten Straßen vorübergehend gesperrt werden, weil es für die Feuerwehrler viel zu gefährlich gewesen wäre bei anhaltendem Sturm Bäume von Straßen zu räumen. Unter anderem waren die Bundesstraße 305 zwischen Oberwössen und Reit im Winkl, die Staatsstraßen zwischen Taching und Waging und zwischen Traunreut und Oberwalchen sowie die Kreisstraßen von Oderberg nach Frühling und von Zweckham nach Hurtöst vorübergehend unpassierbar.
   
Privatschule Schloss Stein abgedeckt
Zum größten Gebäudeschaden durch den Sturm kam es in Stein an der Traun. Dort wurde das Blechdach der Privatschule Schloss Stein großflächig und fast völlig, wie bei einer Fischdose aufgerollt. Durch den gleichzeitig starken Regen kam zu einem Wassereintritt im Dachgeschoss. Die Feuerwehren aus Stein, Traunreut und Altenmarkt waren im Einsatz, ebenso die Höhenrettungsgruppe der Feuerwehr Obing. Die Feuerwehrler entfernten das lose Blechdach mit Hilfe eines Kranes und dichteten den Dachstuhl provisorisch ab. Die Arbeiten dauerten bis in den Abend hinein, deshalb musste die Einsatzstelle umfangreich ausgeleuchtet werden. Den Schaden schätzt die Feuerwehr auf mindestens 150.000 Euro.
Großer Schaden entstand auch in Reit im Winkl am Gebäude der BRK-Rettungswache: Auch dort riss der Sturm das Blechdach ab. Jürgen Schubert, einer der vier Dienst tuenden BRK-Mitarbeiter: „Wir sind gleich zum Fenster hinaus gestürzt, als wir den Riesenlärm auf dem Dach gehört haben und gesehen haben, dass das Dach plötzlich vor dem Eingang liegt.“ Verletzt wurde niemand, zwei Fahrzeuge von Mitarbeitern wurden jedoch stark beschädigt. Durch das fehlende Dach wurden die Räume bis ins Erdgeschoss im Handumdrehen vollkommen durchnässt. Schnelle Hilfe kam von der Gemeinde: Sie stellte dem BRK eine derzeit nicht benutzte Wohnung zur Verfügung. In Gessenhausen bei Taching riss der Sturm einen Teil eines Kastanienbaums und in der Folge etwa zwei Drittel des Daches und den Glockenturm der Gessenhausener Kapelle herab. Um weitere Schäden zu verhindern, wurde als Notmaßnahme ein Gerüst aufgestellt. Es wurden lockere Teile des Dachstuhles entfernt, ein Balken als Behelfsfirst eingesetzt, eine Gewebeplane als Notabdeckung aufgebracht und mit Brettern an den Resten des Dachstuhles befestigt.

Dachziegel aus Verankerung gerissen
Vom Sturm beschädigt wurde auch das Dach der Pfarrkirche in Marquartstein. Großflächig wurden Dachziegel aus der Verankerung gerissen. Die Feuerwehr Marquartstein konnte mit Unterstützung der Grassauer Kameraden und deren Hubrettungsbühne für ein wieder dichtes Dach sorgen. Auch an der Heimvolksschule Niedernfels lösten sich Dachschindel und im Ortsteil Streunthal fiel ein Baum auf ein Gartenhäuschen. In beiden Fällen kam die Feuerwehr Marquartstein zu Hilfe. In Siegsdorf wurde das 200 Quadratmeter große Blechdach einer Pizzeria an der Traunsteiner Straße förmlich davon geweht. Eine ältere Frau wurde bei dem Versuch am Boden liegende Blechplatten von der Strasse zu ziehen von einer Windböe erfasst, mitgerissen und verletzt. Die Feuerwehr-Sanitäter versorgten die Frau bis zum Eintreffen eines Arztes. Die Floriansjünger sicherten den Bereich um das Gebäude daraufhin ab und halfen beim Entfernen der Fahrzeuge eines benachbarten Autohaus. Als sie gerade mit Sicherungsmaßnahmen am Dach begannen, löste sich die restliche Dachfläche und flog rund 50 Meter durch die Luft, bevor es auf der Straße aufschlug. In Balsberg bei Unterwössen drohte ein neu gebauter Kuhstall einzustürzen und bei Palling wurde eine Kapelle von einem umgestürzten Baum weitgehend zerstört, ebenso in der Nähe von Taching, wo der Sturm einen Kastanienbaum und in der Folge zwei Drittel des Daches und den Glockenturm der Gessenhausener Kapelle herab riss.

Tittmoninger Floriansjünger im Dauereinsatz
Auch in Tittmoning richtete "Emma" erhebliche Schäden an. Bei vielen Häusern wurden Teile der Dächer weggeblasen, Bäume knickten um oder drohten auf Gehwege oder andere Häuser zu fallen. Am Samstagvormittag mussten die Aktiven mit der Drehleiter zu einem Einsatz in der Südsiedlung ausrücken, der wegen eines starken Gewitters kurzzeitig unterbrochen werden mussten. Laufend gingen neue Einsatzmeldungen ein. Zahlreiche Anrufer baten um die dringende Hilfe der Feuerwehr. Im Hüttenthaler Feld knickte ein Schornstein eines Wohnhauses um und drohte auf die Straße zu fallen. Verstärkung durch weitere Kameraden war notwendig, um an den Einsatzstellen gleichzeitig helfen zu können.  Ein Baum neben der Stiftskirche geriet in bedrohliche Schieflage. Um jegliche Gefahr zu bannen, blieb nichts anderes übrig, als den Baum von oben nach unten zu zerlegen. Eine Gefährdung der Nachbargebäude oder des vorbeiführenden Gehweges konnte somit ausgeschlossen werden. An den meisten Schadensorten leistete die Drehleiter unverzichtbare Dienste. Insgesamt sieben Einsätze konnte die Tittmoninger Feuerwehr verbuchen. Über 20 Mann waren rund acht Stunden im Einsatz.

Feuerwehr Reit im Winkl im Nachbarland tätig
Die Feuerwehr Reit im Winkl wurde am Samstag und Sonntag zu insgesamt 20 Sturmeinsätzen alarmiert. Die Alarmierungen reichten vom klassischen „Baum über der Fahrbahn“ bis zu „abgedeckten Dächern“. Personenschäden waren gottlob nicht zu verzeichnen. Der Sachschaden kann noch nicht beziffert werden.
Wertvolle Dienste leisteten den Reit im Winkler Feuerwehrlern ihre neue Hubrettungsbühne. Mit ihr konnte das Arbeiten auf Dächern erleichtert und die Gefahr in Höhnen deutlich reduziert werden. Zum Beheben von Sturmschäden auf Dächern wurden die Feuerwehrdienstleistenden mittels Höhensicherung am Korb der Hubrettungsbühne gesichert. Mit dem neuen Rettungsgerät kann die Eigensicherung der Aktiven deutlich verbessert werden. Außer den Einsätzen im eigenen Gemeindegebiet war die Feuerwehr Reit im Winkl auch zur Unterstützung der Feuerwehren Kössen, Bichlach und St. Johann im Nachbarland Tirol, ebenfalls zur Behebung von Sturmschäden im Einsatz. Dabei zeigte sich wieder einmal die vorbildliche und unbürokratische Zusammenarbeit mit den österreichischen Nachbarn.

Rettungsteam steckte fest
Besondere Eile war für die Feuerwehr Nußdorf zum Höhepunkt des Sturmes gegen 11 Uhr geboten. Auf der Bundesstraße 304 bei Herbsdorf steckten die Besatzungen eines BRK-Rettungswagens und ein Notarztfahrzeug zwischen zwei umgestürzten Bäumen fest. Der Patient im Rettungswagen musste jedoch dringend zur weiteren ärztlichen Behandlung in das Klinikum Traunstein. Die Nußdorfer Floriansjünger mussten ausrücken, um dem Rettungsteam den Weg freizumachen.

Zahlreiche Notrufe hielten Einsatzzentralen in Atem
Neben dem orkanartigen Wind zog ein Gewitter mit heftigen Schnee-, Hagel- und Graupelschauern über die Landkreismitte. Fast jede Minute drückten die Disponenten in der Nachalarmierungsstelle im Feuerwehrgerätehaus Traunstein auf die Alarmierungsknöpfe. Die Zentrale der Feuerwehr wurde schon frühzeitig am Samstagvormittag besetzt, um die Polizei-Einsatzzentrale zu entlasten. Dutzende von Notrufe gingen ein, deren Abarbeitung die Nachalarmierungsstelle koordinierte. Zusätzlich wurde auch die Unterstützungsgruppe Örtliche Einsatzleitung (UG-ÖEL) alarmiert, um die rund 300 Einsätze im Landkreis zu dokumentieren und entsprechende Kommunikationswege sicherzustellen.

Gegen 13 Uhr flaute der starke Wind ab und die Zahl der Feuerwehreinsätze ging stark zurück. In der Nacht zum Sonntag blieb es für die Floriansjünger im Landkreis Traunstein ruhig. Erst am Sonntagmorgen, als der Sturm wieder zulegte und örtlich Böen von bis zu 100 Kilometer zu verzeichnen waren, häuften sich die Sturmeinsätze wieder. Rund 25 Mal wurden die Feuerwehren am Sonntag alarmiert, ebenfalls wieder um entwurzelte Bäume von Straßen zu räumen oder lockere Dachteile zu sichern. In Grassau musste die Feuerwehr ausrücken, um den vom Sturm umgeworfenen Bauzaun an der Baustelle der Achenbrücke zu befestigen. Die Gefahr, dass jemand in den Fluss stürzen könnte, war zu groß. Die Feuerwehr Siegsdorf wurde gegen 12.45 Uhr zu einem Brand am Kreisverkehr an der Traunbrücke gerufen. Bei einem Reisebus fing ein Hinterreifen Feuer. Die Floriansjünger hatten den Brand schnell gelöscht. Verletzt wurde niemand. Die rund 50 Businsassen konnten das Fahrzeug rechtzeitig verlassen.

Text: Peter Volk

Quelle: Kreisfeuerwehrverband Traunstein